Lern- und Gedenkort Charlotte-Taitl-Haus
Charlotte Taitl (geb. am 15. Mai 1896 in Thomasroith/Ottnang - gest. am 16.
Oktober 1944 in Auschwitz) übersiedelte mit ihrem Mann Josef Taitl nach ihrer
Heirat 1919 nach Ried. Sie betrieben einen Leder- und Altwarenhandel. Weil
Charlotte Taitl Jüdin war, erzwangen die Konkurrenten die Schließung des Geschäfts
- ab 1943 durfte nur noch der Altwarenhandel weitergeführt werden. Mit ihrem Mann
und ihrer Tochter Gertrude wohnte Charlotte Taitl bis zu ihrer Verhaftung im Haus
Roßmarkt Nr. 29. Nach der Teilnahme an der Feier ihrer eigenen Silberhochzeit mit
Freunden im benachbarten Gasthaus, wurde sie wegen des "Umgangs mit
Deutschblütigen" denunziert und am 16. Oktober 1944 in Auschwitz
ermordet.
Charlotte Taitl steht stellvertretend für die 196 bisher bekannten Opfer von
Nationalsozialismus und Faschismus im Bezirk Ried. Den Opfern ihre Namen
zurückzugeben und sie so der Vergessenheit zu entreißen war das Ziel der Errichtung
des Lern- und Gedenkorts, der am 16. Mai 2017 eröffnet wurde.
Räumlich grenzt der Lern- und Gedenkort Charlotte-Taitl-Haus an die Stadtbücherei
an, durch die die Ausstellung zu deren Öffnungszeiten zugänglich ist. Für Gruppen,
die sich außerhalb dieser Öffnungszeiten für einen Besuch anmelden, steht ein
eigener Eingang zur Verfügung.
Der Lern- und Gedenkort stellt eine Erweiterung der stadtgeschichtlichen
Ausstellung des Museums Innviertler Volkskundehaus dar und bietet auch
gestalterisch einen hohen Wiedererkennungswert.
Im Durchgangsbereich der Passage lenken Schwarzblechtafeln mit den Geburts- und
Todesdaten der Opfer die Besucherinnen und Besucher zum Eingang. Der Raum selbst
erschließt sich über das Gedenken und ist als "white cube" ausgeführt, um Raum für
Erinnern, Gedenken, Nachdenken, … zu bieten. Die Namen der Opfer sind in
Spotlackierung entlang der Wände weiß in weiß den Wänden eingeschrieben.
Auf Biografie-Stelen im Umgang werden die Daten und Lebensgeschichten von 26 Opfern
erzählt. In einer Infobox am Ende des Raums sind alle Informationen zum
Nationalsozialismus und der Zeit davor und danach im Bezirk Ried angebracht.
Weitere vertiefende Information kann mittels eines Touchscreens abgerufen werden,
zudem ist eine Arbeitsstation mit PC und Internetzugang für Recherchearbeiten
vorhanden. Sitzwürfel mit aufgedruckten Begriffen zum Thema laden zur
Auseinandersetzung ein.
Lern- und Gedenkort inklusiv
Durch Audiodeskription, Oral-History-Interviews, Gebärdensprache und mittels
QR-Code abrufbare Leichter-Lesen-Texte werden neue Technologien zur
Informationsgewinnung eingesetzt. Der Lern- und Gedenkort Charlotte-Taitl- Haus ist
eine inklusive Ausstellung mit gleichwertigem Informationszugang für alle!
Zur barrierefreien inhaltlichen Zugänglichkeit, die gerade bei diesem Thema ein
besonderes Anliegen ist, gibt es folgende zusätzlich entwickelte Module:
Ein weißes multisensorisches Bodenleitsystem soll sowohl zum internen als auch zum
externen Eingang leiten. Im Eingangsbereich soll ein taktiler Plan des Lern- und
Gedenkorts mit Pyramidenschrift und Braille blinden und sehbeeinträchtigten
Menschen Orientierung im Raum bieten. Die klare - bewusst der Ruhe eines Kreuzgangs
nachempfundene - Anordnung der Stelen erleichtert die räumliche Orientierung. Eine
Eingangsstation stellt Intentionen und allgemeine Informationen zum Lern- und
Gedenkort in Schwarzschrift, Gebärdensprache, Audiodeskription und Easy to read
Text dar. Diese gemeinsame Eingangsstation soll gleich zu Beginn alle BesucherInnen
für inklusive Gestaltung sensibilisieren. Ein umlaufendes Brailleband entlang der
Namenswände dient einerseits als Informationsträger und bietet andererseits
zusätzliche Orientierung im Raum.
Die Biografien der Opfer werden mittels Audiodeskription und oral history
Interviews von Angehörigen und Zeitzeugen akustisch erfahrbar gemacht und bieten
allen BesucherInnen einen Mehrwert an Informationszugang. Die akustische
Biografieschiene ist mittels Einhandhörer abrufbar. Ausgewählte Fotos, Abbildungen
und Dokumente sowohl der Biografiestelen als auch der Infobox werden taktil
umgesetzt. Die Hauptschwerpunkte der Ausstellung sind in Gebärdensprache und Easy
to read Texte übersetzt und mittels QR Code abrufbar. Die Inhalte der Infobox
werden mittels RFID Chips und einem ausleihbaren Auslesegerät akustisch für blinde
und sehbeeinträchtigte Menschen zugänglich gemacht. Damit sollen erstmalig auch
neue Technologien zur Informationsgewinnung in einer Ausstellung eingesetzt
werden.
Ziel ist es, mit dem Lern- und Gedenkort eine inklusive Ausstellung mit
gleichwertigem Informationszugang für Alle zu schaffen!
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> Tipp: Nützen Sie für die Anreise die öffentlichen Verkehrsmittel: OÖVV Routenplaner
Lage und Anreise
Roßmarkt 29
4910 Ried im Innkreis