Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim
Das Renaissanceschloss Hartheim wurde Ende des 19. Jahrhunderts von Camillo Fürst
Starhemberg dem OÖ. Landeswohltätigkeitsverein geschenkt, der in Folge eine
Pflegeanstalt für geistig und mehrfach behinderte Menschen einrichtete. 1939 wurde
der Verein von den Nationalsozialisten enteignet und das Schloss zur
Euthanasieanstalt umgebaut, in der zwischen 1940 und 1944 etwa 30.000 von den
Nationalsozialisten als "lebensunwert" klassifizierte Menschen ermordet wurden. Sie
waren teils Patientinnen und Patienten aus psychiatrischen Anstalten beziehungweise
Bewohnerinnen und Bewohner von Behinderteneinrichtungen und Fürsorgeheimen, teils
Häftlinge aus den Konzentrationslagern Mauthausen, Gusen, Ravensbrück und Dachau
sowie Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. In der Nachkriegszeit erinnerten nur
private Gedenktafeln im Arkadenhof an die Euthanasie- und Häftlingsmorde in Schloss
Hartheim. 1969 wurden im ehemaligen Aufnahmeraum und in der ehemaligen Gaskammer
vom OÖ. Landeswohltätigkeitsverein (heute Gesellschaft für soziale Initiativen
m.b.H.) erste Gedenkräume eingerichtet.
Wert des Lebens. Der Umgang mit den Unbrauchbaren
Die Dauerausstellung im Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim wurde nach rund 15
Jahren einer grundlegenden inhaltlichen Überarbeitung und Neugestaltung unterzogen
und 2021 neu eröffnet. Aufbauend auf der Grunderzählung der bestehenden Ausstellung
widmet sich die Auseinandersetzung dem Umgang der Gesellschaft mit Menschen, die
als "unbrauchbar" definiert wurden und werden.
Verein
1995 wurde der Verein Schloss Hartheim gegründet, dessen Ziel es war, in Schloss
Hartheim einen angemessenen Ort der Erinnerung, des Gedenkens und der
gesellschaftlichen Auseinandersetzung über Voraussetzungen und Folgewirkungen der
nationalsozialistischen Euthanasie und Eugenik zu schaffen. Im Jahr 2003 wurde aus
Mitteln des Landes Oberösterreich und des Bundes mit der Gedenkstätte und der
Ausstellung "Wert des Lebens" der Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim errichtet.
Mit der Einrichtung der "Stiftung Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim" durch das
Land Oberösterreich im Jahr 2005 soll die Finanzierung der Institution dauerhaft
gesichert werden.
Gedenkstätte
Die Gedenkstätte umfasst den Nord- und Ostflügel des Erdgeschosses. Sie umfasst
sowohl die historischen Räume der NS-Euthanasie, als auch Räume der Dokumentation,
die eine umfassende historische Information zur NS-Euthanasie und der Nutzung von
Schloss Hartheim als Tötungsanstalt der Nationalsozialisten geben. Durch die
historischen Tötungsräumlichkeiten - Gaskammer, Technikraum, Leichenraum und
Krematoriumsraum - wurde ein Mauerdurchschnitt gelegt, sodass die Räume nun auf
einem Steg durchschritten und die Spuren der NS-Zeit erhalten werden können. Der
Schnitt ist eine Dekonstruktion des vermeintlich authentischen Ortes und wird als
solches zur Voraussetzung für eine Annäherung an das historische Geschehen. Für die
künstlerische Gestaltung der Gedenkstätte zeichnet sich der oberösterreichische
Künstler Herbert Friedl verantwortlich.
Wert des Lebens
Die Ausstellung "Wert des Lebens" zeigt die Entwicklung der Situation behinderter
Menschen vom Zeitalter der Aufklärung bis zur Gegenwart. Der Bogen spannt sich von
der Einteilung der Menschen in ökonomisch "Brauchbare" und "Unbrauchbare" am Beginn
der Industriegesellschaft bis zur aktuellen Forderung nach gesellschaftlicher
Gleichstellung von Menschen mit Behinderung.
Ziel ist es, Ausstellung und Gedenkstätte zu einem Forum für die aktuellen und
historischen Fragen zu machen. Dazu werden pädagogische Bildungsangebote sowohl im
schulischen als auch im außerschulischen Bereich der Jugend- und Erwachsenenbildung
und insbesondere der beruflichen Weiterbildung gemacht. Die Angebote sind auf der
Homepage des Lern- und Gedenkorts Schloss Hartheim abrufbar - www.schloss-hartheim.at.
Dokumentationsstelle
Ebenfalls in Schloss Hartheim untergebracht ist die Dokumentationsstelle Hartheim
des Oberösterreichischen Landesarchivs. Ihr Auftrag ist das Sammeln, Archivieren
und zur Verfügung stellen von für Hartheim relevanten Materialien zur NS-Euthanasie
in der Ostmark und im Besonderen zur Geschichte des Schlosses als
NS-Euthanasieanstalt. Damit sollen Recherchen und Forschungen zum Thema vor Ort
ermöglicht werden. Eine wesentliche Aufgabe ist zudem das Projekt "Gedenkbuch
Hartheim". Im Zuge dieses Projektes wird eine namentliche Erfassung der in Hartheim
ermordeten Menschen versucht, um das persönliche Gedenken Angehöriger zu
ermöglichen. Die Dokumentationsstelle Hartheim ist somit wichtige Anlaufstelle für
Wissenschafterinnen und Wissenschafter, aber auch für Angehörige von Opfern der
NS-Euthanasie.
KULTURFORMENHARTHEIM
Die Galerie der KULTURFORMENHARTHEIM im dritten Stock des
Schlosses gestaltet in regelmäßigen Zyklen Ausstellungen von Kunstwerken
behinderter Menschen und bietet Interessierten Einblick in ihre seit 1982 geführte
Kunstsammlung. Die KULTURFORMENHARTHEIM werden vom Institut
Hartheim verwaltet.
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> Tipp: Nützen Sie für die Anreise die öffentlichen Verkehrsmittel: OÖVV Routenplaner
Lage und Anreise
Schloßstraße 1
4072 Alkoven